Kommentar zum Ehrenamtspreis 2018

Komisches Gefühl
Kommentar zur Verleihung des Ehrenamtspreises an „Stadtmitte für alle“ und „Mietenstopp – Bündnis“

Kein Zweifel, dieser Preis ist verdient.
Seit Jahren engagieren sich Hunderte BürgerInnen dieser Stadt für eine soziale, offene, vielfältige und bezahlbare Stadt. Sie veranstalten Demonstrationen gegen den Ausverkauf der Mitte und ihren privaten, barocken Umbau, sie organisieren Konferenzen wie jüngst das „Wohnpolitische Forum“, eignen sich auf kreative und friedliche Weise öffentliche Flächen (wieder) an wie beim 24 – Stunden – Staffellauf oder beim „Aufstand“ kürzlich auf dem Alten Markt.

Trotzdem.
Dieser Preis verursacht ein ganz komisches Gefühl.

Immerhin geht er auch an die stadtgesellschaftlichen Initiativen, welche in den letzten Jahren die schärfsten KritikerInnen der Stadtpolitik waren. Und verliehen wurde der Preis von eben dieser Stadt, unterschrieben auch vom (noch) amtierenden Oberbürgermeister Jakobs.

Er geht an die Menschen, welche in der Auseinandersetzung um die Potsdamer Mitte, speziell die Fachhochschule und die Garnisonkirche als „nicht demokratiefähig“ bezeichnet wurden, denen aktuell Strafverfahren wegen ihres Engagements drohen, die als wichtigste GegnerInnen des neoliberalen Stadtumbaus immer wieder Denunziation und Kriminalisierung drohten. Für die PNN sind das bis heute „linke Bündnisse“.

Gefühlt ist das irgendwie so, als würde Markus Söder einen Integrationspreis an „Pro Asyl“ verleihen oder der Energiekonzern RWE einen Klimapreis ausloben und ihn an die Initiative „Ende Gelände“ verleihen.

Was treibt also die Stadt, auf diese Weise – zugebenermaßen sehr reales – ehrenamtliches Engagement zu würdigen?
Ein wenig fühlt es sich an wie das Schulterklopfen für den Gegner nach einem Fußballspiel: Leider verloren, aber ihr habt gut mitgespielt.

Übersetzt: Die Fachhochschule, das Minsk, das Rechenzentrum werden abgerissen, die Garnisonkirche wird wieder aufgebaut, die Innenstadt wird weiter privatisiert, die Mieten steigen, Menschen werden weiter verdrängt – aber schön, dass ihr trotzdem gut gekämpft habt.

In diesem Sinne der Appell an die Ausgezeichneten: Nehmt den Preis, lacht oder weint darüber. Und kämpft weiter!
Was diese Stadt braucht sind weniger solche Preise, sondern eine reale Änderung der Politik!

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